Jahreszeitlich aktuelle Infos Tipps für Igelpfleger Es geht rund ...Reproduktion und die ZufütterungsfrageDie warme Jahreszeit ist die Zeit der Reproduktion. Lediglich ein Mal pro Jahr werfen Igel Junge. In klimatisch begünstigten Zonen kann das schon im Juni sein, während hier bei uns hoch im deutschen Norden Anfang August noch das Igelkarussell in vollem Gange ist. Stunden-, tage- und sogar wochenlang umkreist ein Kavalier die Igeldame, die sich kratzbürstig zeigt und sehr lange um sich werben lässt, ehe sie sich dann doch noch auf die Paarung einlässt. Während das Männchen das Weibchen umkreist und sie dann auch hin und wieder mal anstubst, gibt sie ununterbrochen ein rhythmisches Schnaufen oder Zischen von sich und dreht sich dabei langsam um die eigene Achse oder weicht auch leicht rückwärts aus; das Männchen muss wirklich ziemlich beharrlich werben. Nach erfolgter Paarung gehen die beiden getrennter Wege – er versucht vielleicht sein Glück noch bei einer weiteren stachligen Dame. Sie zieht – wenn denn alles geklappt haben sollte – nach einer Tragezeit von 35 Tagen die Jungen allein auf. Ein Wurf kann aus zwei bis zehn Kleinen bestehen, meist sind es aber nur vier oder fünf Junge. Bei ihrer Geburt wiegen sie nicht mehr als ein Brief, etwa 15 bis 25 Gramm. Ihre Äuglein und die Ohren sind noch geschlossen und öffnen sich erst nach etwa zwei Wochen. Die Igelin säugt ihren Nachwuchs rund sechs Wochen. Wenn also Anfang August die norddeutschen Igelinnen noch nicht gnädig waren, dann werden ihre Jungen erst Mitte September zur Welt kommen und dann bis tief in den Oktober hinein gestillt. Ob sie es dann ohne fremde Hilfe noch schaffen, bis zum Wintereinbruch ein Gewicht von mindestens 500/550 Gramm zu erreichen, das ihnen das Überleben in ihrem ersten Winterschlaf garantiert, ist fraglich. Denn mit dem fortschreitenden Jahr wird auch das natürliche Nahrungsangebot für die Stachler immer dürftiger. Es ist ohnehin schon schlecht bestellt um Igel, die in aufgeräumten Gärten und ausgeräumten Landschaften leben, die kaum Unterschlüpfe finden und deren Nahrungsgrundlage mit dem Insektensterben schwindet. Die Frage einer Zufütterung ist unter Experten nicht unumstritten – leider werden als Argument dagegen veraltete Studien über die Nahrungstiere der Igel hinzugezogen. Durch die verheerenden Ausmaße, die das Insektensterben inzwischen angenommen hat, sind selbstverständlich alle Insektenfresser betroffen und neben Vögeln auch die Igel in Not. Dass Igel nachtaktiv sind und sogar in Hitzesommern die Nächte kühler sind, spricht nicht dafür, dass diese Entwicklung an nachtaktiven Käfern, Maden, Larven und Co. spurlos vorübergeht. Wo alles Grün bei extremer Hitze und lang ausbleibendem Regen vertrockenet, gibt es auch keine Nahrungspflanzen mehr für Insekten bzw. deren Maden. Die Lebensbedingungen für Igel haben sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verschlechtert, und daran ist allein der Mensch schuld – vor allem durch seine vielen Eingriffe und seinen rücksichtslosen Umgang mit der Natur, durch und die gefährlichen technischen »Errungenschaften« vom Auto bis zum Rasentrimmer und der Motosense, und und und ... Kaum ein Igel wird mehr steinalt. In Igelstationen werden immer häufiger schwerverletzte Tier und hilfsbedürftige Igelchen abgegeben, deren Mutter nicht in er Lage war, ihren Nachwuchs großzuziehen, weil sie selbst krank oder umgekommen war. Heutzutage ist außerdem der Allgemeinzustand von Igeln deutlich verschlechtert; das Immunsystem ist nicht selten geschwächt, die Igel haben unerklärlichen Stachelausfall, Hautpilz und diverse Krankheiten und Infektionen, die auf hohen Befall mit Innenparasiten zurückzuführen sind. Denn Igel, die aus Mangel an Insektennahrung vorrangig von Schnecken und Regenwürmern leben, können sich krankmachende Endoparasiten einhandeln. Wird richtig und verantwortungsvoll zugefüttert, erleichtert man den Tieren das Überleben in einer leider heute sehr oft igelfeindlichen Umwelt. Das A und O beim Zufüttern sind Hygiene und Qualität: Futterstellen und Futtergeschirr müssen täglich gründlich gereinigt werden, um die Verbreitung von Krankheiten zu verhindern. Futter und Wasser dürfen nur frisch angeboten werden (erst abends bei Einbruch der Dämmerung bereitstellen!). Und natürlich werden weder Abfälle noch Billigstfutter verfüttert. Ernährungs- und Fütterungstipps sind hier zu finden. Der Igel auf dem Bild links war übrigens die ganze Nacht mit dem Umkreisen einer Igeldame beschäftigt und ist dann im Futterhaus neben dem vollen Napf eingeschlafen. Wer Igel zufüttert, kann in der Paarungszeit hin und wieder schlafende Igel im Futterhaus finden; sie haben sich offenbar so verausgabt, dass sie anscheinend die Futternähe dem Weg zu ihrem Nest vorgezogen haben oder einfach nur noch erschöpft waren.
Schwerer Start in die SaisonProbleme nach dem ausgefallenen WinterNach dem Winter, der keiner war und dann auch viel zu früh in den Frühling übergegangen ist, werden jetzt schon allerorten Igel gefunden, die stark abgemagert und voller Zecken, Nymphen und Flöhe sind. Nie zuvor habe ich hier in Norddeutschland schon ab Mitte März Igel im Garten beobachtet; in der Regel dauerte der Winterschlaf Wochen länger. Und diese Igel sind auffallend ausgezehrt: Das Gewicht der Igel der letzten Saison liegt meist deutlich unter 350 Gramm; einen männlichen Alt-Igel fand ich, der mit seinen 800 Gramm aussah wie ein Fußball, der seine Luft verloren hat. Wer sich überlegt, wie Igel eigentlich mit einem so milden Winter zurechtkommen, sieht das Ergebnis in diesem Jahr überdeutlich. Sie haben extrem abgenommen, vermutlich ließ sie die allzu milde Witterung phasenweise in einen kräftezehrenden Dämmerschlaf fallen. Während im »normalen« Winterschlaf – korrekter: Torpor – die Körperfunktionen drastisch zurückgefahren werden, ist dies im Zustand des Dämmerschlafs nicht der Fall. Außerdem finden Igel in der eigentlich kalten Jahreszeit keine natürliche Nahrung. Wer jetzt Igel beobachtet, die tagsüber unterwegs sind, kann davon ausgehen, dass diese hilfsbedürftig sind, höchstwahrscheinlich ausgehungert und von Innen- und Außenparasiten befallen. Deshalb genügt es nicht, diesen Tieren ein Futterangebot im Garten zu machen. Hinweise, was bei einem Igelfund zu tun und zu beachten ist, und wie man einen Igelfindling richtig ernährt finden Sie unter den hier verlinkten Stichworten. Übrigens: Der Ausnahmezustand durch die Folgen der weltweiten Corona-Epidemie wird sich auch in Folgesfolge auf die Natur und Tierwelt auswirken. Tierfreunde sind froh darüber, dass in diesem Jahr keine Osterfeuer stattfinden dürfen, in denen alljährlich ungezählte kleine Lebewesen wie Spitzmäuse, Amphibien, brütende Vögel und Igel einen grausamen Tod sterben. Die notwendigen Beschränkungen der individuellen Bewegungsfreiheit lassen vermuten, dass in diesem Jahr auch weniger Kröten und Igel auf Freiersfüßen dem Straßenverkehr zum Opfer fallen. Andererseits führt genau diese Maßnahme sicherlich auch zur Suche nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten und damit vermutlich zu verstärken Aufräumarbeiten im Garten. Diese wiederum können leider sehr gefährlich für in Bodennähe lebende Kleintiere und Insekten werden. Mehr dazu finden Sie hier.
Erste Hilfe für IgelfindlingeVorgehen nach Fund von Igelkindern in NotWie jedes Jahr im Spätsommer/Frühherbst werden wieder häufig Igelchen gefunden, die auffallend klein und tagsüber unterwegs sind. Nicht selten handelt es sich dabei um Igeljunge, die ihre Mutter verloren oder bei einem der ersten Ausflüge aus dem Nest den Anschluss an ihre »Familie« verpasst haben.
Bitte lesen Sie hier ausführlich, was nun zu tun ist! Das Wichtigste in Stichworten:
Genaueres lesen Sie bitte hier noch einmal nach!
Futternot und FliegenplageFutterstellen / Gelbe Säcke / Fliegeneier!Langsam nähert sich der Herbst. Wie jedes Jahr um diese Zeit, ist es absolut sinnvoll und ratsam, nun Futterstellen für Igel einzurichten. Nach dem extrem trockenen und heißen Sommer finden Igel praktisch keine Schnecken und kaum noch Regenwürmer, mit denen sie sich zwar Innenparasiten einhandeln können, die aber doch seit Jahrmillionen einen Teil ihrer natürlichen Nahrung ausmachen. Die Igelmännchen haben inzwischen ihren Teil zur Artvermehrung bzw. Arterhaltung beigetragen und werden sich etwa im Oktober in den Winterschlaf verabschieden. Sie sind verstärkt auf Futtersuche, ebenso wie die Weibchen, die bei uns hier im Norden noch intensiv mit der Aufzucht der Jungen beschäftigt sind. Um so wichtiger ist es, sie nicht nur bei ihrer Suche nach Fressbarem zu unterstützen, sondern auch vor möglichen Gefahren zu schützen. Dazu gehören Gelbe Säcke. Mag es an Unwissenheit liegen, an Bequemlichkeit oder Ignoranz: Allen Aufklärungs-Kampagnen zum Trotz wird menschlicher Plastikmüll Igeln regelmäßig zum Verhängnis. Gelbe Säcke gehören nicht schon abends auf die Straße gestellt! Sie ziehen Igel mit ihrer feinen Nase magisch an. Der Geruch von Lebensmittelresten in schlecht gesäuberten Dosen und Bechern erscheint den stachligen Schnüfflern verführerisch – ungezählte Igel verletzen sich an scharfen Dosenränden, bleiben mit dem Kopf in Bechern stecken oder finden nicht wieder heraus , sodass sie mit dem Gelben Sack »entsorgt« werden. Unter der Voraussetzung, dass man auf strenge Hygiene achtet, tut man Igeln etwas Gutes, wenn man sie um zum Herbst hin zufüttert, denn ihr Bedarf an Nahrhaftem ist jetzt ganz besonders hoch. Schließlich müssen sich die Igelmännchen eine Fettschicht für den Winterschlaf anfuttern und Igelmütter ihre Kleinen säugen. Unter Plastikboxen, Europaletten oder alten Obstkisten, die man mit Dachpappe wetterfest macht und mit einer kleinen Schwingtür (ca. 11 x 11 cm) versieht, lassen sich mit geringem Aufwand katzen- und rattensichere Futterstellen herstellen. Noch einfacher geht es, wenn man einen großen Blumentopf umstülpt und einen entsprechenden Eingang schafft. Mehr dazu, was man an Futter anbietet und welche Anforderungen an die Hygiene gestellt werden, ist hier zu lesen.
Von Fliegen geht an diesen lauen Spätsommertagen eine tödliche Gefahr aus für verwaiste Jungtiere, schwache und verletzte Igel, die tagsüber herumirren oder in der Sonne liegen. Sie sind wehrlose Opfer und können so zur Brut- und Futterstätte für den Fliegennachwuchs werden. Die Fliegen legen ihre Eier paketweise auf den geschwächten und hilflosen Tieren ab. Wird den befallenen Igeln nicht innerhalb kürzester Zeit geholfen, verlieren sie ihr Leben. Die einzelnen Eier sehen aus wie winzige gelbliche Reiskörnchen und kleben bzw. klumpen häufig zu mehreren zusammen. Aus den unzähligen Eiern schlüpfen innerhalb weniger Stunden Hunderte extrem gefräßiger Maden, die den Igel schließlich von innen auffressen, wenn sie nicht rasch und restlos entfernt werden – mehr dazu ist hier nachzulesen.
Gefährliche HitzewelleWildtiere in NotWildtiere wie Igel brauchen jetzt bei der extremen Hitze und Trockenheit dringend Unterstützung durch den Menschen. Sie finden kaum etwas zu fressen und leiden unter Durst. Vor allem sollte man ihnen im Garten oder auf Terrasse und Balkon an mehreren Stellen frisches (!) Wasser in Vogeltränken oder flachen Schalen anbieten. Diese Tränken sind unbedingt vor Einbruch der Dunkelheit gründlich mit heißem Wasser zu reinigen, damit Igel, die sie nachts aufsuchen, nicht durch infiziertes Wasser mit Kokzidien von Vögeln angesteckt werden. Morgens muss ebenfalls das Wasser getauscht werden, um Verunreinigungen durch Igel ausschließen zu können. Genau so wichtig wie das Wasserangebot sind hygienische Futterstellen für Wildtiere. Durch die tropischen Temperaturen finden Insektenfresser wie Rotkehlchen, Igel und Co. kaum natürliche Nahrung, also Insekten. Da Igel sich auch gern an Futterstellen von Vögeln bedienen, sollten die Reste abends wegen der Ansteckungsgefahr mit Innenparasiten entfernt werden. Igeln kann man mit fertigem Trockenfutter, Katzendosenfutter und etwas ungewürztem Rührei helfen (bitte immer erst abends hinausstellen und morgens Reste entfernen). Als Zufütterung von Vögeln eignen sich neben Körnermischungen und Ganzjahres-Meisenknödeln, die zum Teil auch Insekten enthalten, selbstgemachtes Vogelfutter. Je vielseitiger Vogelfutter ist, das man anbietet, desto mehr Arten profitieren davon. Mit Haferflocken, Rosinen, Sonnenblumenkernen, Hirse, zerkleinerten Nüssen und verschiedene Saaten lässt sich Vogelfutter selbst herstellen.
Todesgefahr für Igel durch GartengeräteMähroboter und Co.Der extrem trockene Sommer 2018 ist für die Natur eine immense Herausforderung. Wo nicht gewässert wird, verdorrt jeglicher Bewuchs, vom Busch bis zum jungen Baum. Und für manches Tier endet dieser Sommer tödlich, weil Wasser und natürliche Nahrung fehlen. Auch für Igel bedeuten diese klimatischen Extreme schwere Zeiten, ist doch ihre Speisekarte ohnehin schon durch den verheerenden Rückgang an Insekten stark reduziert. Bei der wüstenähnlichen Dürre dieser Sommermonate sind nicht einmal mehr Regenwürmer und Schnecken aufzustöbern. Dennoch lassen sich mit Blick auf unsere Igel diesem in weiten Regionen Deutschlands praktisch regenfreien Sommer wenigstens
zwei gute Seiten abgewinnen:
Menschen, denen Igel am Herzen liegen und die sich um sie kümmern, sind Mähroboter ein Dorn im Auge. Diese Geräte versprechen ein komfortabel zu erreichendes englisches Rasengrün, vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Sie sind programmierbar, arbeiten autonom und werden gern auch nachts auf sprießendes Gras losgelassen, praktischerweise verrichten sie ihre Arbeit ja relativ geräuscharm. Und so siegt die Bequemlichkeit des Ziergarten-Freunds über Sicherheitsbedenken: Mähroboter erfreuen sich zunehmender Beliebtheit bei Gartenbesitzern, obwohl sie ohne Aufsicht und Überwachung im Gras spielenden Kindern gefährlich werden können und eine tödliche Gefahr für Kleintiere darstellen. Das gilt besonders für Igel und diverse andere bodennah lebende oder brütende Gartenbewohner. © warenvergleich.de
Erst im April 2018 hat die Stiftung Warentest wieder einen Test mit acht Geräten durchgeführt und ihnen schlechte Noten verpasst. Zwei Rasenroboter schieden wegen gravierender Sicherheitsmängel ganz aus, die anderen mähten zwar gut, aber wurden aus Sicherheitsgründen abgewertet auf »befriedigend«. Ein Restrisiko bleibt immer, sagen die Tester. Dies obwohl es technisch möglich wäre, die Mähroboter mit Sensoren nachzurüsten, die lebende Hindernisse erkennen. Die üblichen Anstoßsensoren erkennen zwar Gegenstände, allerdings nicht, wenn sie sehr flach im Gras liegen wie etwa die Hand eines spielenden Kindes. Und Igel tragen nun leider keine Begrenzungskabel um sich, die den dummen Robotern signalisieren: bis hierhin und nicht weiter! Mähroboter mögen Liebhaber des gepflegten Grüns entlasten und für sie eine echte Erleichterung bedeuten, muss doch nicht alle paar Tage der Rasenmäher durch den Garten geschoben werden. Doch zu welchem Preis gönnt sich Otto Normalgärtner diese Arbeitsersparnis? Bei den gängigen Modellen kann eine Schnitthöhe von 2 bis 8 Zentimetern eingestellt werden. Abgesehen davon, dass in so kurz geschorenem Gras kein Blümchen mehr gedeihen kann, das Insekten Nektar und Pollen bieten würde, häckseln diese selbständig rollenden Mähknechte mit ihren meist drei bis vier messerscharfen Klingen alles, was ihnen unterkommt: Würmchen, Schnecken, Käfer, Raupen … die ganze Palette der Futtertiere für unsere insektenfressenden Vögel und Igel! Darüber hinaus können Mähroboter, die mit einem Bodenabstand von mehr als 4,5 Zentimetern unterwegs sind, kleine Igel töten und größere schwer verletzen, siehe Foto rechts. (© Karin Oehl) Wenn Igel zwischen die Messer geraten, dann sind sie häufig nicht mehr zu retten. Jung-Igel, die ja sehr klein sind, haben überhaupt keine Chance, sie werden von dem mechanisierten Gartengerät bei lebendigem Leib geschreddert. Dies hat auch ein Test von Schweizer Igelschützern gezeigt, die Versuche machten u.a. mit Äpfeln als Dummies, die in Größe und Gewicht etwa einem Jung-Igel entsprachen. Igelstationen berichten von schwersten Verletzungen durch die rotierenden Klingen. Größere Igel werden skalpiert, verstümmelt und verlieren Gliedmaßen. Das passiert insbesondere bei den nachts laufenden Robotern. Warum?
Diese Strategie hat sich über Millionen Jahre für die Igel bewährt und sie bis in die Neuzeit vor den meisten Angriffen ihrer Feinde schützen können. Autos und Mähroboter hatte die Evolution nicht vorgesehen. Und so macht nur selten ein Igel einen langen Schuh und rettet sich durch Davonrennen. Oft sind Igel, die von Mährobotern erwischt werden, nicht mehr zu retten, sondern müssen vom Tierarzt eingeschläfert werden. Aber auch wenn sie noch eine Chance hätten und ihre Verwundung nicht tödlich sein müsste, hängt ihr Überleben davon ab, ob sie sehr rasch von Menschen gefunden und medizinisch versorgt werden. Dabei ist nicht die Infizierung der Wunde – was immer droht! – das größte Problem. Es ist vielmehr die Tatsache, dass die Mähroboter in einer Jahreszeit eingesetzt werden, in der Fliegen überall sehr aktiv sind.
Die Fliegenmaden »knabbern« nicht nur an offenen und nässenden Wunden. Sie fressen sich auch sich auch durch das gesunde Gewebe in die Igel hinein, was ein sicheres Todesurteil ist. Wer schon einmal einen Igel gefunden hat, aus dessen Wunde Maden in allen Größen quollen, kann ermessen, was das für ein grausamer, qualvoller Tod ist. Der Igel wird bei lebendigem Leib von innen aufgefressen. Insofern müssten aus Sicht von Igelschützern eigentlich diese Geräte (und die noch gefährlicheren Motorsensen, Rasenkantenschneider, Teller- oder Fadenmäher, Freischneider, Rasentrimmer und wie sie alle heißen) nur unter strengen Auflagen genutzt werden dürfen. Das ist natürlich unrealistisch, wer will das kontrollieren?! Aber es gibt eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen, die getroffen und Regeln, die eingehalten werden sollten. Kontrolle steht dabei an oberster Stelle:
Darüber hinaus ist Aufklärung wichtig. Wer weiß, dass Igel unter Hecken und Sträuchern gern ihre Schlaf- und Aufzuchtnester bauen, wird vielleicht achtsamer bei der Gartenarbeit sein – oder ganz auf das Mähen des Unterwuchses verzichten. Die Lebensräume von Igeln schrumpfen drastisch, die Auswirkungen von Flächenversiegelung, Monokultur, Klimawandel, Insektensterben lassen ihren Bestand abnehmen und machen dem einzelnen Igel das Leben schwer. Gerade in privaten Gärten könn(t)en die liebenswerten stachligen Gesellen noch Überlebensnischen finden. Nämlich wenn dort »wilde Ecken« erlaubt sind, Laub- und Asthaufen existieren, die Zäune zu den Nachbarn Durchlass bieten. Vor allem auch wenn es dort Hecken und Büsche, Beete mit Wildblumen, heimischen Blühpflanzen, Stauden, Sträuchern und Obstbäumen gibt, die Insekten Nahrung bieten.
Archiv Winterruhe – oder doch nicht?Wetterkapriolen und Warten auf Godot ...Anfang 2018: Wieder ein viel zu milder und vor allem zu feuchter Winter – mit allen unangenehmen Folgen für Igelpfleglinge und ihre Pfleger. Das Thema »Winterschlaf« ist vielerorts eines, häufig allerdings vor allem auch deshalb, weil manches der gesundgepflegten Tiere trotz ausreichender Fettreserven jetzt nicht zuverlässig schlafen will. Es ist einfach nicht kalt genug ... aber die Kälte allein macht es auch nicht. Igelpfleglinge fallen leider keineswegs automatisch bei sinkenden Temperaturen in den Winterschlaf, und sie schlafen dann auch nicht am Stück durch bis März/April. Neben dem Kältereiz gehören auch die Hormonlage und das ausbleibende Futterangebot zu den Faktoren, die die Winterschlafbereitschaft auslösen. Nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen treten Igel sogar unabhängig von der aktuellen Umgebungstemperatur aktiv – aus eigener Kraft – in diesen Erstarrungszustand ("Torpor") und verlassen ihn ebenso auch wieder. Wer mehr dazu erfahren will, dem sei Lisa Warneckes Buch »Das Geheimnis der Winterschläfer« als lehrreiche Lektüre für lange dunkle Winterabende empfohlen. Wenn überwinterte Igel aufwachen, haben sie meist erheblich an Gewicht verloren; in der freien Natur können es bis zu 40 Prozent sein. Sie müssen dann aufgefüttert werden, bis sie das Gewicht wieder erreicht haben, mit dem sie in den Winterschlaf gegangen sind. Jungtiere sollten mindestens 650 bis 700 Gramm auf die Waage bringen. ältere deutlich mehr. Igelkinder, die bei der Aufnahme unter 200 Gramm gewogen haben, müssen zudem 14 Tage in einem Auswilderungsgehege an natürliche Lebensbedingungen gewöhnt werden. Und es verbietet sich, Wintergäste zu früh in die Freiheit zu entlassen. Die Außentemperatur muss tagsüber mindestens 14 Grad, nachts nicht unter 8 Grad betragen. Vor allem aber muss die Natur erwacht sein und damit genügend Nahrungstiere und ausreichend Unterschlüpfe bieten: Erst wenn alles grünt und Bäume und Sträucher blühen, sind auch wieder reichlich Insekten unterwegs. In unserer kühlen norddeutschen Region ist das normalerweise nicht vor Mitte Mai der Fall. Ohne dass mir dazu wissenschaftliche Erkenntnisse bekannt wären, meine ich zu beobachten, dass sie die Fälle von Hautpilzerkrankungen bei Igeln stark zunehmen. Pilze gedeihen gut in warmem, feuchten Milieu, und genau diese Voraussetzungen bieten die milden und zu nassen Winter. Passend dazu sind mMeist die ersten Anzeichen einer Hautpilzerkrankung beim Igel auf seinem warmen, kuschelig behaarten Bauch zu entdecken. Eine der Diagnosen, die bei Igelpflegern besonders gefürchtet ist, ist »Trichophytie«, also die Erkrankung des Igels, die durch den Fadenpilz Trichophyton verursacht wird. Typisch dabei ist, dass die Igel einen Großteil ihrer Stacheln verlieren können, bis hin zur fast vollständigen Kahlheit. Pilzerkrankungen sind sehr hartnäckig und langwierig – und sie gehören zu den Zoonosen. Das sind Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können. Wer Igel pflegt, ohne schützende Handschuhe zu tragen, kann sich also theoretisch mit diesem Hautpilz anstecken, zumal der im Anfangsstadium oft nicht so leicht erkannt, sondern für schuppige und trockene Haut gehalten wird. Was eine Ansteckung bedeutet, zeige ich auf der Seite Trichophyton – Ansteckungsgefahr für Menschen. Dort stelle ich einen Fall von Trichophytie beim Menschen in Text und Fotos vor. Ratsuche am NottelefonIgelaufnahme und Vorbereitung eines AnrufJe nach Region sollten inzwischen, Ende November, männliche Igel schon winterschlafen. Die weiblichen Tiere dürften ihnen so langsam gefolgt sein, so dass die verbliebenen Igel, die jetzt noch draußen aktiv sind, in der Regel Jungtiere dieses Jahres sein dürften. Je mehr sich das Jahr dem Ende zuneigt, desto größere Wege müssen die noch wachen und hungrigen Igel zurücklegen, um überhaupt Futter zu finden. Ihr Speiseplan ist arg ausgedünnt, hauptsächlich Schnecken und Regenwürmer stöbern sie noch auf, und das hat zur Folge, dass sie sich damit zwar Innenparasiten einhandeln, aber in der Regel nicht zu ihrem nötigen Fettpolster kommen. Für tierliebe Menschen, die einen Igel finden, stellt sich immer die Frage, ob man ihn aufnehmen sollte. Ob und wann ein Igel ganz allgemein hilfsbedürftig ist, finden Sie hier. Was nun tun, wenn Sie jetzt im Spätherbst einen Igel finden?
Hier eine kleine Checkliste:
Von Interesse ist u.a.:
Entscheidend ist zunächst nicht die Frage, wer sich weiter um den Igel kümmert. Wichtig ist, dass sich sehr rasch jemand um das Tier kümmert!
Wenn das Tier stabilisiert ist und die Frage geklärt werden muss, wie es weitergeht, dann können gemeinsam Lösungen gesucht werden – wer es sich zutraut, die Zeit und Möglichkeit hat, sich selbst um den Igel zu kümmern, kann sich von mir telefonisch beratend begleiten lassen. Wo diese Möglichkeit nicht besteht, werde ich versuchen, Kontakte zu kundigen Helfern zu vermitteln.
Igel gefunden, und dann?Was zu tun, was zu beachten istEs ist Ende September, und damit häufen sich wieder die Fälle, in denen viel zu kleine Igelchen allein unterwegs sind und von Tierfreunden gefunden und aufgenommen werden. Aber was ist zu tun, wenn Sie so ein Kleines »gerettet« haben? Eine Zusammenstellung von Ratschlägen können Sie hier herunterladen. Wenn der junge Igel tagsüber unterwegs war, ist er mit großer Sicherheit hilfsbedürftig, denn vermutlich hat er den Anschluss an seine Mutter und die Geschwister verloren, oder die Mutter ist krank, kann ihren Nachwuchs nicht mehr ausreichend ernähren, vielleicht lebt sie nicht mehr! Sie dürfen ein solches Igelchen in die Hand nehmen, um zu fühlen, ob sein Bauch warm ist. Die Mutter wird danach das Junge wieder annehmen, sollte sie noch leben und die beiden sich wieder finden. Ist der Bauch kühl, ist das ein Anzeichen dafür, dass das Kleine schon länger das Nest verlassen und wahrscheinlich seine Mutter verloren hat. Dann ist schnelle und sachkundige Hilfe angesagt – schauen Sie bitte auch in der Umgebung, ob vielleicht noch Geschwister unterwegs sind! Bitte wärmen Sie das Tier (handwarme Wärmeflasche) und wiegen Sie es. Je nachdem wie schwer oder leicht es ist, wird es auch noch einen Muttermilch-Ersatz benötigen. Wenn möglich, bieten Sie ihm etwas lauwarmen Kamillen oder Fencheltee mit einer Pipette oder Einmalspritze ohne Nadel an, und stellen Sie ihm etwas zu fressen hin, alles Nähere dazu finden Sie hier. Verlieren Sie bitte keine Zeit, suchen Sie umgehend Beratung und Hilfe, über ein Nottelefon oder auch eine Igelhilfe/Igelstation.
Achtung Fliegen!Geschwächte und verletzte Igel in LebensgefahrSo lange es draußen noch verhältnismäßig mild ist, droht Igeln eine tödliche Gefahr durch Fliegen bzw. deren Gelege. Schmeiß-, Fleisch- und Goldfliegen legen bevorzugt ihre Eier auf Wildtieren wie Igeln ab, besonders wenn sie stark geschwächt, sehr klein sind oder offene Wunden haben. Innerhalb weniger Stunden schlüpfen aus den hunderten von Eiern extrem gefräßige Maden, die nicht nur krankes, sondern auch gesundes Gewebe zerstören, sich in den Körper der Tiere regelrecht hineinbohren, Sekrete absondern, alles zersetzen und so in kurzer Zeit den Tod ihres wehrlosen Wirts verursachen. Hier ist rasches Handeln angesagt. Informationen über den Befall mit Fliegeneiern und Fliegenmaden sowie die Behandlung dieses gefährlichen Problems habe ich auf einer neuen Seite zusammengestellt.
Ab sofort ZufütternSchon jetzt an den Winter denken!Ein Igel, der wohlgenährt ist, hat gute Voraussetzungen für einen Winterschlaf in natürlicher Umgebung und braucht, wenn er auch sonst gesundheitlich in einem guten Zustand ist, keine menschliche Hilfe und Betreuung. Männliche Igel gehen, nach dem sie ihre Reproduktionspflichten erfüllt haben, schon ab Oktober langsam in die winterliche Ruhephase über und müssen sich jetzt ein gutes Fettpolster anfuttern. Die Igelweibchen bleiben einige Wochen länger wach, weil sie sich durch die Aufzucht der Jungen erst später für das große Schlafen vorbereiten und stärken können. Es ist sinnvoller, mit einem artgerechten, nahrhaften Futterangebot vorzusorgen, als zu Wintereinbruch magere, schwache Igel aufnehmen zu müssen und anschließend zu versuchen, sie mit viel Aufwand (Parasitenbehandlung, Pflege etc.) über den Winter zu retten . Spätestens im September sollte man im Garten eine katzen- und rattensichere Futterstelle einrichten und den Igeln dort täglich frisch je ein Schälchen Trockenfutter, Wasser und Katzennassfutter mit hohem Fleischanteil (mindestens 60 Prozent!) anbieten, das man mit etwas Mozarella, ein paar Haferflocken und ein wenig Öl anreichert. Auf das Untermischen von Rührei sollte gegenwärtig wegen der möglichen Belastung mit Fibronil verzichtet werden.
Bei uns im hohen Norden Deutschlands war der Sommer 2017 extrem regenreich und zu kühl, und wohl auch deshalb sind die Igel mit ihren Paarungsbemühungen arg in Verzug gekommen. Während die ersten Igelbabys in klimatisch günstigeren Regionen – etwa in der Rheinebene – schon im Juni begrüßt werden konnten, sind hier mancherorts die Igelpaare noch nicht einmal jetzt, Ende August, mit ihrem Igelkarussell zu einem arterhaltendem Ergebnis gekommen. Wenn die Paarung dann Ende August/Anfang September endlich extrem spät abgeschlossen ist, dauert es etwa 35 Tage, ehe die Jungen zur Welt kommen, und dann noch einmal sechs Wochen, ehe sie sich selbständig machen. Bis dahin ist schon Mitte November, und bei einem frühen Wintereinbruch ist abzusehen, dass dann zahllose viel zu kleine und leichte Igelchen menschliche Hilfe benötigen. Denn mit einem Lebendgewicht unter 550 Gramm haben sie kaum eine Chance, ihren ersten Winterschlaf lebend zu überstehen, zumal sie sich dafür nicht nur eine Menge Fettreserven zulegen, sondern auch lernen müssen, ein ordentliches Nest für den langen Winter zu bauen. Das Zufüttern hilft den werdenden Igelmamas bei der Aufzucht und entlastet sie auf der Suche nach natürlicher Kost. Da das Angebot an primären Futtertieren – Käfer und Larven – deutlich ab Mitte Oktober abnimmt, unterstützt man durch eine Futterstelle den späten Nachwuchs dabei zuzunehmen, auch wenn immer weniger Leckeres herumkrabbelt. Was im Spätjahr noch verbreitet zu finden und eine leichte Beute ist, das sind Schnecken und Regenwürmer, die feuchte Witterung und Regen besonders schätzen. Aber mit ihrem Verzehr handeln sich die kleinen hungrigen Igelchen dann auch gefährliche Darm- und Lungenparasiten ein.
Die Futterstelle muss immer saubergehalten werden, das heißt:
LangzeitpatientinGut Ding will Weile haben ...Nach und nach konnte ich alle meine stachligen Überwinterungsgäste wohlgenährt und gesund in die Freiheit entlassen; die letzte war meine junge Igelin »Pilzfee« die ich am Ende zum Glück in »Stachelfee« umbenennen konnte. Durch den hartnäckigen Pilz Trichophyton hatte sie einen Großteil ihrer Stacheln verloren. Knapp 4 Wochen nach Ende des Winterschlafs wuchsen ihr endlich neue, und sie hatte dann ein wunderschönes dichtes Stachelkleid. Das gleiche Schicksal – Pilzbefall « hatte eine andere junge Igeldame erlitten, die ich Mitte November 2016 aufgenommen hatte, Primadonna. Sie verlor nach und nach immer mehr Stacheln und ging fast kahl in den Winterschlaf. Mit einigen kurzen Unterbrechungen, die ganz normal sind, hat sie bis 13. Mai 2017 durchgeschlafen, länger und zuverlässiger als jeder andere meiner Igel. Mit den Erfahrungen, die ich mit Stachelfee gemacht habe, war ich zuversichtlich, dass auch Primadonna wieder irgendwann Stacheln wachsen würden. Auch sie musste ich nach dem Ende des Winterschlafs noch einmal gegen Kokzidien behandeln. Sie hat auch einen geringen Befall mit Darmhaarwürmern. Da sie gut frisst, keinerlei Krankheitsanzeichen zeigt und zunimmt, beobachte ich sie nur sehr aufmerksam, aber gebe ihr zurzeit nichts gegen diesen Wurmbefall. Denn anders als im Herbst neige ich vor der Auswilderung dazu, dann auf eine Behandlung zu verzichten, wenn das Immunsystem der Igel anscheinend problemlos mit dem geringen Befall zurecht kommt. Mit dem ersten Regenwurm, den ausgewilderte Igel fressen, können sie sich erneut Parasiten einhandeln, und zu viel Behandeln ohne wirkliche Not macht das Immunsystem arbeitslos und schwach. Das Foto von Primadonna oben links habe ich am heutigen Pfingstmontag aufgenommen – mit großer Sicherheit sieht sie bald nicht mehr so aus. Täglich habe ich schon mit der Lupe die Haut begutachtet, und endlich, endlich! konnte ich heute die ersten zarten Stachelspitzen entdecken. Sie zeigen sich an der Stirn. Dass Primadonna so glänzt, liegt übrigens daran, dass ich sie täglich mit pflegendem Kokosöl einreibe. Wie bei Pilzfee halte ich die Fortschritte von Primadonna in Fotos hier fest. Und tschüss!Endlich können wir die Stachler entlassenAuch im Norden ist nun so langsam der richtige Zeitpunkt für die Auswilderung der Wintergäste gekommen. Die wichtigsten Infos dazu sind auf meiner Website hier nachzulesen. Nur in Kürze noch einmal, worauf es zu achten gilt:
Entlassen wird der Pflegling am besten, indem man ihn abends bei Einbruch der Dunkelheit in seinem Schlafhäuschen »aussetzt« bzw. die Tür seines Auswilderungsgeheges öffnet. Ich persönlich sehe zu, dass der Igel zuvor möglichst noch eine Mahlzeit eingenommen hat, denn wer weiß, wann er das nächste Mal etwas Leckeres findet. Ob er es nun annimmt oder nicht: Es kann nichts schaden, noch ein paar Tage Nassfutter und ein Schälchen frisches Wasser für den ehemaligen Wintergast – oder andere hungrige Stachelritter – bereitzustellen. Abschiednehmen heißt für den Igel Neubeginn: Igel sind Wildtiere, sie MÜSSEN frei leben können, auch wenn sie uns ans Herz gewachsen sind. Ein kleiner Trost: Es ist doch beglückend mitzuerleben, wie der stachelige Gast zum ersten Mal die große neue Freiheit beschnuppert und von Gerüchen und anderen faszinierenden Reizen geradezu überflutet wird. Ich habe gestern Abend, am 15.5.2017, dem letzten Tag der Eisheiligen (»kalte Sophie«), DreiPunkt, Pünktchen und Püppi entlassen, indem ich die Tür zum Auswilderunggehege geöffnet habe. Während die Jungs durch die Geräusche, die ich dabei machte, flugs in ihrer Schlafhäuser flüchteten, stürzte Püppi förmlich heraus. Ich dachte, diese wehrhafte kleine Igeldame würde ich nie wiedersehen ... Weit gefehlt. Heute morgen waren zwar Pünktchen und DreiPunkt ausgeflogen, aber Püppi schlief wie immer selig in ihrem angestammten Schlafhaus im nun offenen Auswilderungsgehege und brachte mehr auf die Waage als am Morgen zuvor. ... noch eine Geduldsprobe ...Eine Geschichte mit Happy-end!Während die Stachelritter in meinem Außengehege (wie bei vielen anderen Igelpflegern hier im Norden) noch auf die große Freiheit warten müssen, zeichnet sich bei einer meiner schwierigen Patientinnen ein wunderbares Happy-end ab. Pilzfee hatte bis vor kurzem kaum noch Stacheln – die waren ausgefallen wegen einer Hautpilzerkrankung. Nun nach dem Winterschlaf wächst endlich, endlich was nach. Die Geschichte von Pilzfee ist hier nachzulesen, enthält viele Bilder und die Entwicklung der gebeutelten kleinen Igeldame dokumentiere ich so lange fotografisch weiter, bis Pilzfee wieder voll bestachelt ist und wohlgenährt und gesund entlassen werden kann.
GeduldsprobeWer sehnt sich mehr nach der Auswilderung ...... Igel oder Igelpfleger/in? Das ist hier die Frage! Nein, auch jetzt, Ende April, ist es noch zu früh für die Entlassung und Auswilderung von Mecki & Co., so lange das Wetter noch so sehr instabil ist und die Temperaturen nachts noch bis auf wenige Grad über 0°C sinken. Einige meiner Pfleglinge, die in Außengehegen untergebracht sind, haben es vorgezogen, sich nochmal ein paar Tage in Winterschlaf zu begeben. Und ehrlich gesagt: Ich bin für jeden Igel dankbar, der schläft, denn zum einen reduziert sich der tägliche Putz- und Arbeitsaufwand deutlich. Zum anderen ist es aber auch besser für den Igel, der sich wahrscheinlich auch nach der großen Freiheit draußen sehnt und langsam ungehalten wird – auch wenn dann nicht jeden Abend pünktlich ein köstliches Igelmahl auf dem Boden steht. Meine Igelfreundin Karin Oehl, Inhaberin einer stark frequentierten Igelstation, rät dazu:
Meine eigenen Pfleglinge haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Paul & Paulinchen sind noch bei meiner Bekannten Sigrid im Außengehege in Pension – sie haben viel geschlafen und waren erst kürzlich wieder einmal aktiv. Pünktchen, EinPunkt und ZweiPunkt habe ich von Guido und Inna zurückerhalten, wohlgenährt und und gesund. Pünktchen ist ins Auswilderungsgehege umgezogen. Nach einigen Tagen hat er sein hölzernes Schlafhaus mit dem warm ausgestopften Innenkarton gegen ein selbstgebautes wunderschönes Igelnest getauscht. Er hat dazu eine kleine Kuhle in die Erde gegraben und sich dann mit einem Haufen Laub umgeben; die trockenen Blätter hatte ich an einem Platz im Gehege bereitgelegt. Pünktchen hat zusätzlich Tulpen- und Efeublätter für sein Bauwerk abgepflückt und eingetragen. Im Foto ist er links von der Mitte zu erkennen – zum Vergrößern bitte das Foto anklicken! Das Nest ist unter dem erhöhten Boden eines Kleintierhauses, also perfekt geschützt. EinPunkt ist aus dem Auswilderungsgehege entkommen, hat aber sofort eine Schlafstelle auf unserer Terrasse entdeckt und kam regelmäßig zur Futterstelle, so dass ich ihm die Freiheit gelassen habe. DreiPunkt ist von seinem Quartier im Steinhaus ins Gehege umgezogen und scheint sich dort wohlzufühlen. In einer Nacht hat er sich ein Erdnest mit etwas Zeitungspapier als Decke in der Futterpalette gebaut; inzwischen bewohnt er wieder seine Holzhütte. ZweiPunkt wohnt in einem 3-Raum-Gehege auf der Terrasse, hat aber noch nicht ganz abgeschlossen mit dem Winterschlaf; mal kommt er raus und frisst ein wenig, dann schläft er mal wieder ein paar Nächte durch. Unserer guten alten Meike habe ich Anfang April in einer der wenigen Schönwetterphasen dieses Jahres die Freiheit zurückgegeben. Sie kennt sich bei uns bestens aus, kennt alle wesentlichen Plätze und hat wohl nicht mehr so ein langes Leben vor sich, dass sie unnötig lang eingesperrt sein sollte. In ihrem ehemaligen Gehege auf der Terrasse steht die Tür immer offen, es gibt ein kuscheliges Schlafhaus und regelmäßiges Futterangebot. Wer auch immer einzieht und dort schmaust, das Gehege erfreut sich großer Beliebtheit, und mir scheint, dass manchmal sogar zwei Igel im Schlafhaus übernachten – um die Stachler nicht zu stören, führe ich keine Kontrollen durch. Pilzfee, deren Stacheln vor dem Winter anfingen zu sprießen, hat keine neuen Stacheln bekommen, dafür hatte sie aber kürzlich Unmengen von Kokzidien (Einzellern), gegen die ich sie behandeln musste, ebenso Püppi. Beide Mädels werde ich erst in einiger Zeit wieder ins Außengehege setzen können. Peppi, der eine Rührei-Fan, schläft grad im Außengehege; Postillon, der andere Rührei-Fan ist heute, am 24. April, mit eigener Holzaußen- und Papp-Innenhütte ins auswilderungsgehege gezogen. Beide Igel weigern sich hartnäckig, etwas anderes als Rührei zu fressen, es ist zum Verzweifeln! Und Primadonna, die mindestens ebenso kahl ist wie Pilzfee, verschläft den Winter. Das ist ja auch das beste, was sie tun kann. Wer tief schläft, nimmt nicht viel ab und langweilt sich nicht ...
»Guten Aaaaabend!«Die ersten Igel sind wieder unterwegsAuch im Norden Deutschlands hat der Frühling Einzug gehalten. Es ist Anfang April, und die Pflaumenbäume blühen, die Tulpen öffnen ihre Kelche und seit kurzem sind die ersten Igel in unseren Gärten wieder unterwegs. Aber das war kein wirklich langer und tiefer Winter für sie, und dadurch, dass die Temperaturen oft deutlich über 0 °C lagen, war für manchen Igel der Winterschlaf in Freiheit nicht gerade eine entspannte Sache. Denn sinken die Temperaturen nicht tief genug, sondern stagnieren so um die 6 bis 10 Grad, können die Igel weder ruhig schlafen noch können sie Futter zu sich nehmen – es gibt ja auch nix für sie im Winter zu finden. Sie verlieren dann schnell Gewicht, was nicht der Fall ist, wenn sie tief schlafen. Auch wenn die Natur schon grünt und Bienen und Hummeln an den frühblühenden Sträuchern, Bäumen und Blumen Nektar und Pollen sammeln, gibt es noch zu wenig Nahrungstiere für die wilden Igel, die jetzt unsere Gärten auf Futtersuche durchstreifen. Am besten hilft man ihnen so:
Wie man Igel draußen ratten-und katzensicher Futter anbieten kann, finden Sie hier. Da die Igel viel Gewicht verloren haben, ist ein Schälchen Trockenfutter zwar eine nett gemeinte Notreserve, wird aber verschmäht, wenn es Nahrhafteres zu finden gibt. Wir als Menschen kämen ja auch nicht auf die Idee, uns mit trockenem Knäckebrot aufzupäppeln, wenn wir stark abgenommen haben ... Und was ist mit den Igeln in menschlicher Obhut, die jetzt ihren Winterschlaf beendet haben?
Wer einen Jung-Igel der letzten Saison überwintert hat, sollte sich durch die milden Temperaturen und das »Herumtoben« des wiedererwachten Winterschläfers nicht dazu verleiten lassen, ihn jetzt schon wieder in die Freiheit zu entlassen! Auch wenn nicht so ganz klar ist, wer die Auswilderung mehr herbeisehnt – Sie oder Ihr Igel –, tun Sie ihm nichts Gutes, wenn Sie ihn zu früh entlassen: Er hat kein Winterschlafnest, kennt wahrscheinlich die Futterplätze in der Umgebung nicht, weil er noch zu klein dafür war, als er aufgenommen wurde, und die Speisekarte für freilaufende Igel ist noch extrem karg. Nutzen Sie die Zeit, den deutlich leichter gewordenen Igel mit guter Kost aufzufüttern! Er sollte vor der Entlassung in einigen Wochen mindestens so viel wiegen wie zu dem Zeitpunkt, als er in Winterschlaf gegangen ist. Wenn er nicht zunimmt bzw. auffälligen Kot absetzt (grün, blutig, dünn, schmierig, stinkend), dann ist eine Kotuntersuchung auf Innenparasiten sinnvoll und notwendig. Jetzt ist auch höchste Zeit, ein ausbruchssicheres Auswilderungsgehege für die Übergangsphase von Karton zu Freiheit vorzubereiten. Igel, die unter 200 Gramm Aufnahmegewicht hatten, sollten 14 Tage an die Natur gewöhnt werden, also am besten im eigenen Garten an einem geschützten Platz. Mehr zur Auswilderung von überwinterten Igelpfleglingen hier.
»Hilfe – mein Mecki ist wach!«Wenn Igel zur Winterschlafzeit aktiv sindDer Winterschlaf des Igels ist ein Phänomen, über das viele falsche Vorstellungen kursieren und das auch Igelpflegern gelegentlich Überraschungen beschert. Im Widerspruch zu der Assoziation, die das Wort »Winterschlaf« weckt, befinden sich Igel keineswegs von November/Dezember bis April/Mai durchgehend im Tiefschlaf. Ganz im Gegenteil: das Aufwachen gehört gewissermaßen zum Schlafen! Insofern trifft der Begriff der »Hibernation« (lateinisch hibernatio: Überwintern) schon eher zu (mehr zur Bedeutung des Winterschlafs hier).
Warum das so ist, das ist noch nicht bis ins letzte Detail geklärt, aber es gibt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Erklärungsansätzen. Gesichert ist, dass diese natürlichen Aufwachphasen dazu dienen, Ausfallerscheinungen bei den inneren Organen vorzubeugen. Damit erklärt sich auch, dass freilebende Igel genau wie Igel in menschlicher Obhut nicht nur dann aufwachen, wenn die Temperaturen im Winter frühlingshafte Werte annehmen; sie wachen auch unabhängig vom Wetter mehr oder weniger oft auf. Unterschiedlichen Quellen zufolge passiert das alle 7 bis 11 Tage bzw. alle zwei bis drei Wochen. Ich kann aus eigener Erfahrung diese Beobachtungen nur bestätigen: Meine Igel schlafen zwischen 7 und ca. 21 Tagen am Stück, ehe sie den Bierdeckel umwerfen, den ich zur Kontrolle vor den Ausgang ihres Schlafhauses lehne. Ob die Igel aber nicht noch öfter wach waren und einfach in ihrem Schlafhaus geblieben sind, weiß ich damit natürlich nicht. Denn manche bleiben in der Aufwachphasen in ihrem Nest, andere kommen heraus, entleeren ihre Blase und trinken etwas, einzelne suchen sich sogar ein neues Quartier. In den natürlichen Aufwachphasen kommt ein Igel sehr viel langsamer in Gang; er verbraucht damit deutlich weniger Energie und steht nicht unter Stress wie etwa, wenn er durch Gartenarbeit zur Unzeit aufgestöbert und sein Nest zerstört wird. Ein hoher Energieverlust kann aber gefährliche Folgen haben, denn der Igel verliert im Winterschlaf bis zu 40 Prozent seines Körpergewichts – den größten Teil seines Fettpolsters zehrt das Aufwachen auf. Was tun, wenn man jetzt einen wachen Igel beobachtet?Freilebende Igel im Garten:
am besten in einem katzen- und rattensicheren Futterplatz in unmittelbarer Nähe des beobachteten Igels. Bitte nicht sofort jeden Igel »einsammeln«, sondern das Tier erst einmal aus der Distanz beobachten! Aufnehmen nur, wenn der Igel klare Krankheitsanzeichen zeigt, auffallend ausgezehrt oder verletzt ist (mehr hier). Am besten vorher Rat bei einer Igelstation suchen! Aufgenommene Überwinterungsgäste:
Ich mache es folgendermaßen: Wenn ein Igel mehr als zwei Nächte aktiv war, erhält er auch sein gewohntes Katzen-Nassfutter wieder – Trockenfutter und Wasser stehen ohnehin während des gesamten Winterschlaf in Reserve bereit! Frisst der Igel dieses Nassfutter und ist auch weiterhin aktiv, wiege ich das Tier auch wieder. Sobald er das Futter nicht mehr anrührt, unterlasse ich alle Störungen. Will der Igel trotz winterlichen Temperaturen nicht mehr einschlafen und ist gesund, erhält er nur noch Trockenfutter. In der Regel zieht er es dann vor, weiterzuschlafen. Achtung: Ein Igel, der in der Winterschlafzeit trotz niedriger Temperaturen wach ist, nicht frisst und dennoch sehr aktiv ist, hat wahrscheinlich ein Problem mit Innenparasiten. Wenn möglich, Kot (kleinste Mengen genügen) sammeln und untersuchen lassen. Eventuell muss eine Behandlung erfolgen.
Jetzt bloß nicht draußen aufräumen!Ein paar Infos für GartenfreundeEs ist Ende Februar und deutschlandweit ungewöhnlich mild. Die ersten Schneeglöckchen und Krokusse wagen sich aus dem Boden, und damit juckt es so manchem Hobbygärtner schon in den Fingern ... Zugegeben, all diese vertrockneten Stängel von abgeblühten Pflanzen, diese verdorrten Stauden und Gräser, aufgeschichtete Laubhaufen, Reisig und anderes »Gestrüpp« wirken morbid und sind nicht gerade eine Aufgenweide. Und so setzt leider mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen bei vielen Gartenbesitzern ein unwiderstehlicher Tatendrang ein: endlich Ordnung schaffen und den Garten »entrümpeln«! Was sie dabei aber nicht bedenken, oder unterm Druck eines nachbarschaftlichen Ordnungswettstreits ignorieren: gerade diese für uns unansehnlichen Blütenstängel beherbergen im Winter kleine Insekten und Spinnen – was im übrigen natürlich auch die Insektenfresser unter den Vögel wissen. Ihre Artgenossen, die sich vor allem auch von Saaten ernähren, picken sich die Pflanzensamen heraus. Unter aufgeschichtetem Laub, in Totholz- und Strauchschnitthaufen überwintern zahlreiche Insekten wie Käfer und Wildbienen, aber auch Igel. Und im Komposthaufen wimmelt es vor Leben. Wer hier jetzt, zur Unzeit, aufräumt, zerstört wichtige kleine Biotope und raubt ihren Bewohnern Deckung und Unterschlupf.
Wenn man sich schon am natürlichen Chaos im Garten stört: Noch ist es viel zu früh, um Reisig-, Gestrüpp- und Laubhaufen zu entsorgen; dadurch könnten Igel ihres Winterschlafnestes beraubt werden. Auch das Umsetzen von Komposthaufen ist riskant. Damit sollte man noch warten. Ein geeigneter Zeitpunkt dafür ist eigentlich nur im Juni, und auch dann sollte man vorsichtig vorgehen. Wer mit mit Forken und Mistgabeln hineinsticht, riskiert, Igel, Kröten und andere Kleintiere martialisch aufzuspießen, schwer zu verletzen oder gar zu töten. Es mag zwar unüblich sein und etwas Mühe machen, den Kompost einfach nur von Hand umzusetzen. Aber mit dicken Gummihandschuhen und ohne gefährliches Gerät richtet man garantiert keinen Schaden an!
Bitte nicht stören!Wer zum ersten Mal einen Igel überwintert, der hat vermutlich eine ganze Reihe von Fragen:
Generell lässt sich aber beobachten, dass junge Igel bei ihrem ersten Winterschlaf »noch üben«, das heißt, sie wachen vielleicht anfangs öfter noch einmal auf, als die älteren Artgenossen. Den Winter zu verschlafen, ist eine Überlebensstrategie. Die Natur sieht sie für Arten vor, die vor allem aus Mangel an Futter anders nicht überleben könnten.
Ausgelöst wird der Winterschlaf beim frei lebenden Igel im Wesentlichen durch 4 Faktoren: Der Igel in unserer Obhut erhält täglich sein Futter, er hat ein warmes Nest meist in einem temperierten Raum. Damit fallen schon mal wesentliche Kriterien weg, die einen Artgenossen in Freiheit zum Schlafen animieren. Aber nicht selten bleiben auch Igel, die genesen sind und ihr Winterschlafgewicht (Jung-Igel ca. 800 Gramm, Alt-Igel > 1000 Gramm) erreicht haben, weiter aktiv, wenn man sie ins betreute Wohnen nach draußen stellt. Der Kältereiz allein reicht offenkundig nicht allen aus, um in Winterschlaf zu fallen. Dadurch, dass ihr Ersatzfutter stets vrefügbar ist, haben sie es schwer, ihren Stoffwechsel umzustellen.
Zugegeben – ich selbst tue mich schwer, einem Igel die Nahrung zu entziehen. Aber was ist die Alternative, wenn der Igel gesund und kräftig ist? Er ist eingesperrt in einer viel zu engen Behausung – draußen haben besonders Igelmännchen große Reviere, die sie nachts durchstreifen. In seinem Gehege kann er sich zwangsläufig viel zu wenig bewegen und ausarbeiten. Der Igel als »Nasentier« findet nichts Interessantes zum Schnuppern und hat im Grunde nur eine Beschäftigung: Fressen, Fressen, Fressen. Damit wird er dick und dicker. Und das ist der Gesundheit nicht zuträglich. Nur leider werden Igel in Menschenhand häufig allzu lang gepäppelt, was man leicht an einem »lichten« Stachelkleid erkennen kann und daran, dass ihr weicher Fellsaum unter dem Stachelbalg hervorschaut. Mehr als 800 Gramm sollte ein Igel vom gleichen Jahr nicht auf die Waage bringen; Altigel dürfen gern 1200 bis 1400 Gramm wiegen. Wenn alles gut läuft, dann lässt der Igel sich einige Wochen nicht blicken. Aber dennoch sollte im Winterschlafquartier draußen für Notfälle auf jeden Fall immer frisches Wasser und Trockenfutter bereitstehen. Wann aber ist der richtige Zeitpunkt, den Igel in Morpheus' Arme zu entsenden? Ich wähle dazu – wenn das Tier gesund ist und genügend Fettreserven hat – einen Tag, an dem es trocken und um die Null Grad ist und bringe dann den Igel samt seinen gewohnten Kartons und einem gut gepolsterten neuen Schlafhaus in ein ausbruchssicheres Gehege auf der Terrasse. Ein guter Platz für die Überwinterung bietet Schutz vor der Witterung und ist, wenn möglich, überdacht. Die Schlafstelle sollte nicht nach Süden ausgerichtet sein, um zu vermeiden, dass die Sonne das Quartier tagsüber deutlich erwärmt. Und natürlich sollte das Gehege so gebaut sein, dass keine Ratten eindringen können. Ich decke meine Gehege auch von oben ab – wozu sich zum Beispiel eine alte Insektenschutz-Tür oder ein Rahmen mit Fliegengitter gut eignet. Warum? Ich möchte nicht, dass streunende Katzen meinen Igeln die Notreserve an Trockenfutter stibitzen. Das Außengehege sollte aber sicherheitshalber kein Freigehege sein, das zum Beispiel irgendwo auf der Wiese aufgebaut ist – um zu verhindern, dass sich der Igel vorm Schlafen (noch einmal?!) etwas einfängt, weil er vielleicht doch noch eine Schnecke oder einen Wurm findet und frisst. Ich lege auf die Steinplatten unserer Terrasse zurechtgeschnittene Isomatten (0,5 cm Stärke), darauf kommen dick Pappe und eine größere Schicht Zeitungspapier. Alternativ stelle ich auch die gewohnten Kartons ins pappgedämmte Gehege; das setzt aber voraus, dass dieses groß genug ist.
Nach meiner Beobachtung zeigen Igel ihre Bereitschaft für den Winterschlaf nicht selten auch durch eine Veränderung ihres Verhalten an: Sie fressen weniger, ohne krank zu sein, und nehmen ab – und/oder sie arbeiten sich nachts an ihrem Karton und den darin liegenden Zeitungen ab und stopfen teilweise emsig ihr Hütte mit Material aus. Vermutlich wollen sie entweder ein winterfestes Nest bauen oder aber auch ausbrechen, um sich einen besseren Platz zum Schlafen zu suchen. Beobachte ich solche Anzeichen, und sind auch die anderen Kriterien (z.B. Gewicht, Gesundheit etc.) erfüllt, ist es für mich der richtige Zeitpunkt, den Igel an seinen kalten Winterschlafort umzusetzen. Meinen Aufzeichnungen nach waren meine behandelten, aufgepäppelten Jung-Igel meist Mitte Januar winterschlafbereit und haben dann mit Unterbrechungen bis Ende April, Anfang Mai geschlafen. Das ist aber nicht repräsentativ und hängt auch vom jeweiligen Klima und dem Wetter/den Temperaturen ab.
Was tun, wenn ein Igel während des Winterschlafs aufwacht? Ihn in Ruhe lassen, vorausgesetzt, er ist kein Wackelkandidat und ist schon viel zu leicht in Winterschlaf gegangen.
Sollte der Igel, vor allem gegen Ende der Winterschlafzeit, mehr als ein, zwei Nächte aktiv sein, stelle ich ihm wieder das gewohnte Nassfutter zur Stärkung hin. Spätestens aber, wenn der Winterschlaf vorüber ist – also der Igel jede Nacht aus seinem Schlafhaus kommt und der normale Stoffwechsel wieder in Gang gekommen ist –, braucht der Igel gutes eiweißreiches und fetthaltiges Nassfutter mit hohem Fleischanteil (mindestens 60 Prozent), um seine verlorenen Reserven wieder aufzufüllen. Schlafen macht schlank...Durch den Winterschlaf verliert der Igel große Teile seines Gewichts; normal sind 20 bis 40 Prozent. Am Tag sind es ungefähr 0,2 bis 0,3 Prozent bzw. ein, zwei Gramm. Anfangs ist der Gewichtsverlust stärker. Wenn der Igel dann fest schläft, reguliert sich die Abnahme auf niedrigem Niveau. Hatte der Igel vorm Schlafen gute Reserven und war gesund, dann sollte man ihn nicht durch Gewichtskontrollen in seiner Winterruhe stören. Er hat sich ein perfektes Nest gebaut, und wenn nicht driftige Gründe dafür sprechen, sollte man ihn nicht (zur eigenen Beruhigung) ausgraben. In seinem Nest bzw. gut gepolsterten Schlafhaus übersteht ein gesunder und wohlgenährter Igel problemlos die üblichen Kältegrade. Holt man ihn heraus, riskiert man, dass der Igel dadurch erwacht und durch den kräftezehrenden Aufwachprozess viel Energie verliert. Viel gefährlicher als tiefe Temperaturen sind längere Phasen, in denen das Thermometer zur Unzeit auf mildere Werte klettert; dann können die Igel weder tief schlafen, noch sind sie richtig wach und fressen. Das zehrt an überlebenswichtigen Fettreserven. Ist es aber winterlich kalt, gleicht sich beim Winterschlafen die Körpertemperatur der Umgebungstemperatur an und sinkt auf etwa 5 °C. Fällt das Thermometer auf 0 °C oder weniger, produziert der Körper wieder etwas Wärme, um dem Erfrieren entgegenzuwirken. Igel darf und muss man nicht wecken, wenn sich das Frühjahr ankündigt. Irgendwann wacht Mecki von allein wieder auf. Dieses Aufwachen ist ein großer Kraftakt, der stundenlang dauert. Und ist der vollbracht, heißt es spachteln, spachteln, spachteln ... Wichtig: Igel, die man überwintert hat, sollten vor dem Aussetzen mindestens so viel wiegen wie vorm Eintritt des Winterschlafes (mehr dazu hier). Meine Igel haben mir ein großes Geschenk gemacht: Zeit! Jetzt, Ende Januar, sind alle bis auf einen im Winterschlaf und ich habe endlich wieder 3, 4 Stunden täglich mehr für all das, was in der Igel-Hochsaison liegen geblieben ist. Dieses Foto von Monika Fricke (»Osterholzer Kreisblatt«) zeigt mich mit Meike, die ja durch ihren Hautpilz zahllose Stacheln verloren hatte. Es ist das letzte Foto, bevor Meike sich in den Winterschlaf verabschiedet hat. Und die Igelin hat mir eine riesige Freude bereitet: Als ich sie ein letztes Mal in den Händen hielt und in ihr Winterschlafhaus einlaufen ließ, entdeckte ich, dass sich überall an den kahlen Stellen winzige Stachelspitzen durch die Haut drängen. Endlich!!! Nach dem Winterschlaf wird Pilzfee wieder ein schönes Stachelkleid wachsen, ganz sicher!
Chrrrr - chrrr - chrr - chrr ...... Winterschlafzeit!!! Für all jene, die Igel aufgepäppelt haben, kommt jetzt so langsam Entlastung. Jeder Igel sollte die Gelegenheit zum Winterschlaf haben, nicht nur die Freilebenden in unseren Parks und Gärten, sondern selbstverständlich auch Igel, die in menschlicher Obhut leben, weil sie erst genesen oder genügend Speck ansetzen mussten und dann nicht mehr ausgewildert werden konnten. Der Jahreswechsel liegt hinter uns, es ist zum ersten Mal richtig knackig kalt, und das ist die beste Gelegenheit, unsere Meckis ins Traumland zu schicken. Igel sind Wildtiere – keine Angst, auch bei frostigen Temperaturen sind sie nicht in Gefahr, vorausgesetzt sie haben sich genügend Fettreserven angefuttert, sind gesund und haben eine richtig kuschelig warme Schlafgelegenheit. Selbst wenn der Befall von Innenparasiten noch nicht ganz auf Null ist: Winterschlaf ist wichtig, und da der Stoffwechsel währenddessen nahezu zum Erliegen kommt und die Körpertemperatur stark absinkt, kann man eine Behandlung bei geringem Befall auch auf die Zeit nach dem großen Schlafen verschieben. In der Natur gibt es garantiert nicht einen einzigen Igel, der völlig frei von Innenparasiten seinen Winterschlaf antritt. Was der Winterschlaf für die Igel bedeutet und wie man seinen stacheligen Wintergast gut durch die kalte Jahreszeit bringt, das ist hier ausführlich beschrieben. Meine Igel haben mich seit dem letzten Eintrag auf dieser Seite Ende November mehr als auf Trab gehalten. Zu meinen zwölf Jung-Igeln gesellte sich am 5. Dezember 2016 noch meine gute alte Igelin Meike hinzu. Sie stand abends bis -2 Grad an der Vogeltränke auf unserer Terrasse, um zu trinken, und sie sah aus wie ein trauriger kleiner Stachelball, dem man die Luft abgelassen hat. Ich nahm Meike mit 568 Gramm auf. Dieses Gewicht ist für einen Alt-Igel vorm Winterschlaf viel zu niedrig; er oder sie sollte schon 1000 Gramm auf die Waage bringen. Meike war geradezu bevölkert von Zecken aller Größen; selbst in den Ohren saß Nymphe an Nymphe und Zecke an Zecke. Sie war stark von Darm- und Lungenhaarwürmern befallen. Außerdem hatte sie wie so viele andere Igel dieser Saison den Hautpilz Trichophyton. Später stellte ich noch Kokzidien fest und eine eitrige Augenentzündung, und als sie endlich Anfang Januar mit mehr als 900 Gramm winterschlafbereit war, ging es wieder bergab. Erneut musste ich jetzt anfangen, sie gegen Darmhaarwürmer zu behandeln. Meike habe ich als verwaistes Igelkind 2013 aufgezogen und seither regelmäßig zur Behandlung aufgenommen, meist wegen Pilzbefalls. Ich erkenne sie an einer kleinen narbigen Stelle auf ihrer Nase und daran, dass sie aus Protest, Angst – und bei Begeisterung – faucht wie ein gaaaanz gefährliches Raubtier. Erhält sie ihre Medizin von mir mit Drohnenmilch (mehr Infos dazu als pdf-Datei zum Herunterladen im Infoblatt Drohnen), schlürft sie diese gierig bis zum letzten Tropfen auf und faucht dabei lauthals.
Paulinchen und Paul konnte ich vor Weihnachten zum betreuten Überwintern in einem Freigehege in die sehr guten Hände meiner Igelfreundin Sigrid abgeben. Sie schlafen seit Weihnachten süß und selig. Ebenfalls in gute Hände konnte ich EinPunkt, ZweiPunkt und Pünktchen abgeben. Sie überwintern gut bewacht in der kalten Werkstatt eines Ehepaars, das in dieser Saison zum ersten Mal Igel aufgenommen und diese gleich in ihr Herz geschlossen hat. Guido und Inna haben sich sehr informiert und mir Löcher in den Bauch gefragt, um ihre Igel gut zu versorgen; dass sie nun drei meiner Igel über den Winter bringen, ist für mich ein sehr schönes Geschenk, denn ich weiß: Die drei Stachler sind da gut aufgehoben! Den stets verfressenen und leicht übergewichtigen DreiPunkt habe ich in ein ungeheiztes Stein-Gartenhaus verfrachtet; trotz tiefer Temperaturen musste ich ihn tatsächlich auf Nulldiät setzen, um ihn zum Schlafen zu überreden. Es tat mir in der Seele weh, aber ausbleibendes Nahrungsangebot ist ein Signal für Igel, dass es nun an der Zeit ist zu schlafen. Mit im Steinhaus (in separaten Kartons) sind Peppi und Püppi. Nach drei Tagen Kälte wollen sie noch nicht schlafen. Da sie schwer genug für den Winterschlaf sind, muss ich ihnen eventuell auch demnächst Nahrungsknappheit vorgaukeln. Bleibt noch Postillon – er bewohnt den kühlen Hauswirtschaftsraum, um dann, wenn alles gut geht, demnächst auch noch im Steinhaus einzuziehen. Da auch Postillon größere, aber nicht so dramatische kahle Stellen im Stachelkleid hat, habe ich ihn noch unter Beobachtung. Schön wäre es, wenn das Wetter mal winterlich bliebe, damit meine sieben Igel und ich in unsere wohlverdiente Winterruhe gehen könnten! Freigänger
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550 Gramm sind beim Jungigel das Mindestgewicht für einen gefahrlosen Winterschlaf!
Alt-Igel sollten am besten etwa 1000 Gramm wiegen. |
Wenn man in diesen Novembertagen einen Igel aufnimmt, hat er in aller Regel Innenparasiten, die sich nach schnell und stark vermehren. Das trägt dazu bei, dass der scheinbar gesunde, aber zu magere Igel bald deutliche Krankheitssymptome zeigt:
Dass sich der Zustand des Pfleglings verschlechtert, dafür gibt es vor allem zwei Gründe: das Immunsystem wird geschwächt, weil die Aufnahme des Igels und seine neuen Lebensbedingungen für ihn Stress bedeuten. Und die – notwendigen! – höheren Temperaturen, denn:
Ein hilfsbedürftiger Igel gehört nicht in eine unbeheizte Garage oder auf einen kalten Balkon.
Er sollte in einem ruhigen temperierten Raum mit Tageslicht untergebracht werden. |
Die Zahl meiner Igelpfleglinge hat sich in den vergangenen acht Wochen sukzessive auf acht Stück erhöht. Ein weiteres Igelchen war in einem so katastrophalen Zustand, dass alle meine Bemühungen nichts mit nützten; es starb.
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Paul und Paulinchen haben aller Wahrscheinlichkeit ihren Hautpilz überstanden; irgendwann halfen die regelmäßigen Bäder. Die beiden haben sich vom Gewicht her prächtig entwickelt, wie man hier sieht. Das Fell am Bauch ist nachgewachsen, aber nachdem sehr viele Stacheln ausgefallen sind, ist das Stachelkleid noch nicht wieder dicht genug.
Püppi hat der Pilz sehr heftig erwischt, aber sie hat gut an Gewicht zugelegt. Leider weist ihr Stachelkleid viele kahle Stellen auf. Dieser Hautpilz namens Trichophyton zählt zu den Zoonosen, das bedeutet, man kann sich als Mensch damit anstecken. Daher sollte man befallene Igel grundsätzlich nur mit stachelfesten Handschuhen anfassen und peinlichst auf Hygiene achten. Das Schlafhaus und der »Wohnraum« des Igels müssen tagtäglich desinfiziert werden. Alles Papier, was sich darin befindet, muss täglich erneuert werden, die Näpfe sollten beim Reinigen auch mit heißem oder sogar kochendem Wasser behandelt werden. Sporen des Pilzes sind sehr langlebig, daher empfiehlt es sich, regelmäßig staubzusaugen und möglichst keinen anderen Igel in der Nähe des betroffenen Igels zu halten. Igel, die von Trichophyton befallen sind, haben oft einzelne weiße Stacheln. Anfangs wirkt ihre Haut trocken, spilzpäter schuppig. Charakteristisch sind weißliche Beläge zwischen den Stacheln, dazu verliert das Tiere auffallend viele Stacheln – das können locker 50 Stacheln und mehr am Tag sein. Im schlimmsten Fall büßt ein befallener Igel sein ganzes Stachelkleid ein. Gleichzeitig aber ist mir bei allen Igeln mit diesem Hautpilz, die ich je aufgenommen habe, ein exzellenter Appetit aufgefallen. Eine Erklärung dafür scheint mir, dass diese Igel sich nicht wirklich krank fühlen und sich, einmal abgesehen von ihren Hautproblemen, gut entwickeln. Damit sie aber eines Tages wieder ausgewildert werden können, müssen sie therapiert werden, denn ein Igel ohne Stacheln ist wehrlos allen Angriffen seiner Feinde ausgesetzt. Gerade in diesem Jahr 2016, beobachte ich hier bei uns im Nordenbesonders viele Igel mit Trichophyton – vermutlich durch die lang anhaltenden feuchten und regnerischen Phasen. Kein Wunder, Pilze lieben Feuchtigkeit! Übertragen wird der Pilz übrigens von Milben.
Neben vier Geschwistern Pünktchen, EinPunkt, ZweiPunkt und DreiPunkt – alles Buben, die inzwischen um die 500 Gramm wiegen –, pflege ich noch die erst Mitte November aufgenommene kleine Igeldame Primadonna, 331 Gramm leicht.
Sie schnupperte auf unserer Terrasse am heruntergefallenen Vogelfutter und hatte das ganze Gesichtchen voller Milbenverkrustungen. Außerdem fand ich bei einer koproskopischen Untersuchung große Mengen an Eiern von Darmhaarwürmern und dazu noch Lungenwurmlarven. Ihr Leben schien auf der Kippe, und sie nahm die ersten Tage während der Behandlung der Darmhaarwürmer bis auf 291 Gramm ab. Nach Abschluss der Behandlung und dank eines Antibiotikums hat sie inzwischen auf 360 Gramm zugenommen, und das Gesicht pellt sich. Es wird ein wenig dauern, aber ich bin zuversichtlich, dass irgendwann auch an den Wangen und der Stirn wieder Härchen sprießen. Übrigens: Primadonna ist ein absoluter Rührei-Fan; es war das erste, was sie bei mir von sich aus zu sich nahm, und nach wie vor frisst sie erst mal die Rührei-Stückchen aus dem Futter, ehe sie an den Rest geht.
Nachtrag am 30.11.: Inzwischen habe ich nicht weniger als 12 Igel zwischen 250 und 945 Gramm! Vor genau einer Woche »stolperte« ich nachmittags über Pilz-Fee – ein Igelchen mit starkem Hauptpilzbefall und schon kahlen Partien im Stachelkleid. Abends fiel mit der magere Postillon auf und am nächsten Mittag entdeckte ich auf unserer Terrasse Peppi. Alle drei hatten bei der Aufnahme um die bzw. unter 250 Gramm, Darmsaug-, Darmhaar- und Lungenwürmer. Sie entwickeln sich sehr unterschiedlich; Sorgenkind war Peppi, der aber nun langsam aufholt, nachdem er die Behandlung gegen seine Innenparasiten überstanden und ein Antibiotikum bekommen hat. Dazu habe ich außerdem noch einen »teilstationären« Igel, Pauli, den eine Nachbarin gefunden und zu mir gebracht hat. Pauli habe ich für die Behandung hier aufgenommen; er ist in einem sehr reduzierten Zustand, hält mit Müh und Not seine 250 Gramm, aber ist sehr lebendig. Auch er braucht neben der Parasitenbehandlung ein Antibiotikum, denn er hat u.a. blutigen Husten.
Wenn man jetzt im Herbst verwaiste Igel oder Igel aufnimmt, die krank, schwach oder verletzt sind, möchte man helfen. Man weiß nicht – oder denkt vielleicht nicht darüber nach –, was das bedeuten kann ... Unter Umständen wird man die nächsten sieben, acht Monate einen Pflegling haben, der erst einmal gesundgepflegt und aufgefüttert werden muss, für den man täglich Putzdienst leistet und für gehaltvolle Verköstigung sorgt, und zwar so lange, bis er gnädigerweise irgendwann in Winterschlaf geht – bei jungen Igeln kann sich das bis in den Januar hinein ziehen. Man braucht ruhige, warme Innenräume für die Pflege und später einen kalten ausbruchssicheren Außenbereich für die Schlafphase. Igel können einen ganz schön beschäftigen ...
Viele Igel kann man nicht mehr auswildern, denn je später das Jahr, desto spartanischer ist der Tisch für die stacheligen Insektenfresser gedeckt. Außerdem brauchen sie in freier Natur einen Platz, an dem sie sich gut geschützt über den Winter zurückziehen und warm »einmümmeln« können – mit trockenem Laub zum Beispiel. Besonders Jung-Igel, die man sehr klein aufgenommen hat, brauchen daher zwingend eine betreute Auswilderungsphase: um ihr Immunsystem zu trainieren, um die eigenständige Futtersuche zu erlernen und um sich dann in der Natur auch allein zurechtzufinden. Man kann sie also nicht einfach vor die Tür setzen, wenn sie ihr Winterschlafgewicht von mindestens 550 Gramm erreicht haben. Die Kleinen, die jetzt aufgenommen werden, müssen erst noch ordentlich spachteln, und haben sie dann das richtige Gewicht haben, ist es zu spät zum Auswildern. Als Überwinterungsgäste müssen sie die Möglichkeit haben, trotz Gefangenschaft in Winterschlaf zu gehen, wenn denn die Bedingungen stimmen, also Allgemeinzustand, Gewicht und Hormonlage, (niedrige) Außentemperatur und (nachlassendes) Futterabgebot.
Paul und Paulinchen haben sich bis jetzt, Mitte Oktober, vom Gewicht her gut entwickelt. Paulinchen ist ein kleiner Nimmersatt und bringt bald 300 Gramm auf die Waage, Paul hat bald 230 Gramm und ist der eher schlanke, quirrlige Typ. Aber... beide kratzen sich viel zu häufig, die Stacheln beginnen auszufallen, es entwickeln sich kurzem schrundige wunde Stellen am Bauch. Schon bei der ersten Kotuntersuchung habe ich eine Nagemilbe unterm Mikroskop entdeckt und beiden – weil sie als Geschwister zusammen leben – etwas Mildes dagegen aufgesprüht. Aber da war es offenbar schon zu spät. Milben übertragen Pilzkrankheiten, und es gibt kaum einen Zweifel, dass die beiden genau dieses Problem haben. Für die Igel bedeutet das: langwierige Behandlung mit verhassten Bädern, im schlimmsten Fall nach drastischem Stachelausfall fast kahl. Für mich heißt das: absolute Hygiene und mich selbst immer gut mit Handschuhen und Desinfektion schützen, denn Pilze wie der Trichophyton gehören zu den auf Menschen übertragbaren Krankheiten (Zoonosen).
Die beiden werden mindestens bis zum Frühjahr meine Gäste bleiben und mir sehr viel Arbeit machen, denn ihre Behausung muss täglich von grundauf gesäubert und desinfiziert werden. Ich werde sie medizinisch so gut versorgen, wie es irgend geht und hoffe, sie werden nicht alle Stacheln verlieren – aber genau das kann leider passieren. Bis dann so ein Stachelkleid nach der Genesung wieder dicht ist, vergehen viele Wochen.
Und noch eine Hoffnung habe ich: dass meine Neuaufnahme Püppi von einer Ansteckung verschont bleibt. Wegen der Pilzerkrankung der beiden anderen muss das Mädchen, das ich mit 119 Gramm am 9.10. aufgenommen habe und das inzwischen 174 Gramm wiegt, leider ohne Kontakt zu anderen Igelkindern aufwachsen.
Just am 1. Oktober kreuzte in unserem Garten Paul, 89 Gramm, unseren Weg – ein süßer kleiner Igel-Junge, dem genau 24 Stunden später Paulinchen folgte, ein Igel-Mädchen von 100 Gramm, das gewiss seine Schwester ist. Beide waren tagsüber, genauer gesagt gegen 15 Uhr nachmittags unterwegs. Igel dieser Größe verlassen keinesfalls tagsüber und allein ihr Nest. Die Erklärung dafür, dass wir sie fanden und auch aufnahmen, ist keine schöne: entweder ist die Mutter von Paul und Paulinchen krank, schwach oder aus anderen Gründen nicht in der Lage, die beiden Kleinen zu versorgen. Oder – was leider wahrscheinlicher ist – sie lebt nicht mehr.
Überall, wo Gartenbesitzer jetzt mal so richtig aufräumen, wo Motorsensen und ähnliche Garten-Gerätschaften zum Einsatz kommen, wo Autos fahren, wo Laubhaufen entfernt und aufgestapelter Baumschnitt entsorgt wird, werden Igelkinder nun zu Waisen.
Kehrt die Mutter nicht mehr zurück und bemerkt das kein tierliebender Mensch, sind diese stacheligen Kleinen sichere Todeskandidaten. In unserer unmittelbaren Nähe ist zusätzlich in der letzten Septemberwoche ein über Jahre gewachsenes kleines Biotop zerstört worden, eine ca. 200 Meter lange mit etwa 300 alten Weißdornbüschen, einzelnen Ahornbäumen, Brombeersträuchern, Flieder und Wildpflanzen bewachsener Bahndamm. Dort errichtet die Bahn Lärmschutzwände, und so wurde einfach alles abgesägt und weggemäht, was »im Wege war«. Möglich, dass dabei auch die Mutter von Paul und Paulinchen umgekommen oder deren Nest zerstört worden ist.
Wer jetzt einen kleinen Igel tagsüber herumirren sieht, sollte das nicht nur beobachten und »niedlich!« finden – diese Tiere sind auf menschliche Hilfe angewiesen. Wer ein solches kleines Igelchen findet, sollte es aufnehmen, wärmen (lauwarme Wärmeflasche) und ihm erst einmal tröpfchenweise mit einer Pipette oder einer Spritze ohne Nadel lauwarmen Fencheltee einzugeben versuchen. Mit fachkundiger Anleitung kann man ein solches Kleines aufpäppeln – das aber erfordert viel Engagement, denn zunächst muss man dem Kleinen die Mutter zu ersetzen versuchen und ihn per Pipette ernähren, u.a. mit spezieller Ersatzmilch. Wer sich das nicht zutraut oder keine Zeit/Möglichkeit hat, sollte das Igelkind unverzüglich in sachkundige Hände geben, am besten in eine erfahrene Igel(aufzucht)station.
Wie Sie bei Igelkindern Erste Hilfe leisten, lesen Sie hier; diese Infos können hier heruntergeladen werden.
Während in südlichen Gefilden in den Igelstationen schon viele Igeljunge abgegeben werden, die ihre Mutter verloren haben oder aus anderen Gründen hilfsbedürftig sind, geht es jetzt – Ende August – bei den Igeln hier in Deutschlands »hohem Norden« noch immer rund. Die Männchen umkreisen die schnaubenden Weibchen. Dieses Ritual, das der Paarung vorausgeht, das »Igel-Karussell«, dauert oft viele Tage. Die stacheligen Kavaliere scheinen unermüdlich und wildentschlossen, bis sich die Damen endlich erweichen lassen. So ganz allmählich sollte da aber mal etwas in Fahrt kommen, denn ab dem Zeitpunkt der Paarung bis zur Selbständigkeit der Jungigel vergehen in etwa zweieinhalb Monate. Und dann müssen die Kleinen erst noch ordentlich spachteln, um auf die 550/600 Gramm zu kommen, mit denen sie gefahrlos in den Winterschlaf gehen können. Es wird also Zeit!
Das Geburtsgewicht von Igelchen liegt bei 12 bis 25 Gramm; sie kommen nach einer Tragezeit von 35 Tagen mit geschlossenen Augen und Ohren zur Welt. Nach zwei Wochen erst öffnen sich die Äuglein, nach drei Wochen kommen die Zähnchen durch. Wenn die Kleinen ungefähr dreieinhalb Wochen alt sind – sie wiegen dann im Normalfall zwischen 100 und 140 Gramm – verlassen sie zum ersten Mal ihr Nest und beginnen, die Umgebung zu erkunden. Wirklich selbständig sind sie aber erst nach etwa sechs Wochen. Von der Mutter gesäugt werden die Jungen bis zu einem Gewicht von ca. 230 Gramm. Verwaiste Jung-Igel, die bei einem sonst guten Ernährungszustand weniger wiegen, benötigen also, wenn sie gefunden und aufgenommen werden, einen Ersatz für die Muttermilch. Es gibt spezielle, für Igel geeignete Ersatzprodukte (Welpenmilch), mehr dazu finden Sie hier. Die Igelbabys dürfen keinesfalls mit Kuhmilch und ähnlichem ernährt werden!
Verwaiste und hilfsbedürftige Igel-Babys gehören unbedingt in die Hände erfahrener Menschen – und die findet
man in der Regel fast nur in Igelauffangstationen!
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Auf der Internet-Seite von Pro Igel e.V. findet man Links zu regionalen Igelschutzvereinen.
Achtzig Prozent der Igelchen kommen im August/September zur Welt. Wenn Sie ein hilfsbedürftiges Igeljunges finden, ist es wichtig, richtig, bedacht und rasch zu handeln – mehr dazu auf der Unterseite »Igelkinder in Not – wie helfen? Diese Infos sind auch auf einem Handzettel zum Download zusammengefasst.
Wenn die Temperaturen ansteigen und die Nächte nicht mehr frostig sind, erwachen auch die Igel, die betreut in Winterschlaf gegangen sind, langsam wieder.
Diese Igel haben ungefähr ein Drittel ihres Körpergewichts verloren; der Stachelbalg schlottert ihnen um den mageren Körper. Deshalb müssen sie unbedingt vor dem Aussetzen in die Natur wieder auf das Gewicht aufgefüttert werden, das sie vor ihrem Winterschlaf hatten.
Entlassen werden diese Igel aber auch mit dem »richtigen« Gewicht erst, wenn die Temperaturen nachts nicht mehr unter 8 °C sinken – auch wenn draußen vereinzelt schon Igel zu sehen sein sollten. Es müssen genügend Unterschlüpfe und vor allem genug Nahrung vorhanden sein.
Igel, die jetzt aufwachen, sind viel zu früh dran und finden natürlich keinen gedeckten Tisch vor. Deshalb sollte man auch keinesfalls Igel, die man überwintert hat, jetzt schon auswildern - sie haben kein Schlafnest, finden nichts zu fressen und drohen zu verhungern. Selbst wenn die Temperaturen tagsüber frühlingshaft sind, mangelt es an Käfern, Ohrwürmern, Schmetterlingslarven, Tausendfüßlern und anderen Insekten.
Lesen Sie bitte weiter, welche Voraussetzungen für die Auswilderung im Frühjahr erfüllt sein müssen!
Tipps für Gartenbesitzer
Wer Igel in seinem Garten vermutet, kann jetzt schon eine kleine Futterstelle mit etwas Igel-Trockenfutter und frischem Wasser einrichten, um dem abgemagerten Stachelritter rasch auf die Beine zu helfen: am besten eine umgedrehte Kiste mit an Haken und Ösen eingehängter Schwingtür, die Katzen und Ratten fernhält.
Gartenbesitzer sollten möglichst nicht bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen Reisig-, Gestrüpp- und Laubhaufen entsorgen. Hier richten sich Igel bevorzugt ihr (Winter)Schlafnest ein; auch Zaunkönig, Kröten und andere Amphibien suchen Schutz im schattigen feuchten Unterholz solcher Haufen. Die beste Zeit, einen Komposthaufen umzusetzen, ist der Juni. Verzichtet man dabei auf Forken und Mistgabeln, schont man Igel, Kröten und andere Kleintiere, die gern in Komposthäufen Unterschlupf suchen.
Solchen bodennah lebenden Kleintieren drohen ohnehin in unseren Gärten viele Gefahren, angefangen bei Rasentrimmern und Fadenmähern bis hin zu »Pflanzenschutzmitteln«, die Schädlinge oder Unkraut den Garaus machen sollen. Sie können Insekten wie Bienen schädigen und vernichten Nahrungstiere von Igel, Rotkehlchen und anderen Kleintieren. Außerdem sind vergiftete Insekten eine leichte Beute – das Tier, das sie sich schnappt, belastet so den eigenen Organismus und vergiftet womöglich die Brut damit.