Artikelarchiv von Maja Langsdorff
Der folgende Artikel wurde am 29.7.2003 in der »Stuttgarter Zeitung« veröffentlicht
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Wieviel Trinken ist gesund?
Der Mensch hat einen durchschnittlichen Flüssigkeitsbedarf von 2,5 Litern pro Tag - anderthalb Liter davon sollte er durch Getränke zu sich nehmen. Genügend zu trinken ist wichtig - doch viel zu trinken kann auch manchmal zu viel des Guten sein.
von Maja Langsdorff
Im Grunde ist der Mensch - im Sinne des Wortes - ein Wassertier. Nicht nur dass er zu etwa
zwei Dritteln aus Wasser besteht. Kaum vorstellbare Mengen von Wasser durchströmen auch
seinen Körper: 2000 Liter die Nieren, 1400 Liter das Gehirn in nur 24 Stunden.
Der Wasserhaushalt wird von den Nieren geregelt, und er ist dann im Gleichgewicht,
wenn die Flüssigkeitsbilanz stimmt, also so viel Flüssigkeit aufgenommen bzw. gebildet
wie ausgeschieden wird.
Je jünger ein Kind ist, desto höher ist sein Flüssigkeitsbedarf: 80 bis 120 Milliliter
brauchen Kinder zwischen einem und vier Jahren am Tag. Bei Erwachsenen geht man von einem
Bedarf von täglich 40 bis 50 Milliliter pro Kilo Körpergewicht aus, oder anders ausgedrückt:
Die Flüssigkeitsbilanz beim gesunden Erwachsenen liegt bei täglich 2,5 Liter (bzw. 4 Prozent
seines Körpergewichts), denn diese Menge verliert er über Urin, Haut, Lunge und Stuhl.
Die verlorene Flüssigkeit muss ersetzt werden. Fehlt es an Flüssigkeit, trocknet der Körper
aus, das Blut verdickt sich, kann weniger Sauerstoff transportieren und wird nicht
ausreichend gereinigt - Stoffwechsel- und Nierenprobleme treten auf.
Das bedeutet nun nicht, dass man täglich 2,5 Liter trinken muss. Der Körper produziert aus
dem Abbau von Nahrung, körpereigenen Fetten, Kohlenhydraten oder Proteinen etwa 0,3 Liter
Oxidationswasser. In der Nahrung selbst sind ungefähr 0,7 Liter enthalten. Die restlichen
anderthalb bis zwei Liter müssen durch Getränke zugeführt werden. Doch das gilt nur unter
Normalbedingungen, im Extrem - bei großer Hitze und/oder sportlicher Betätigung - kann der
Bedarf auf 10 Liter steigen!
Wichtig ist es, nicht nur während des Sports alle 20 Minuten, sondern schon davor genügend
zu trinken. Damit lassen sich Hitzekrämpfe, Hitzschlag und die gefürchtete Hitzeerschöpfung
vermeiden, die zu Kopfschmerzen, Benommenheit und Schwindel führen, schlimmstenfalls einen
Schock auslösen kann. Bei schweißtreibender Aktivität verliert der Körper ein bis zwei Liter Wasser pro Stunde - und damit auch Elektrolyte. Wenn der große Durst kommt, ist das ein Anzeichen dafür, dass der Körper schon ein Flüssigkeitsdefizit hat, das kaum mehr aufzuholen ist.
Was ist nun »das« richtige Getränk? Ideal sind natriumarme stille Mineralwasser,
Leitungswasser, ungesüßte Fruchttees, Saftschorlen. Bei Leistungssport wird der Durst auch
gern mit isotonischen Getränken gelöscht, die gleich viele gelöste Teilchen enthalten wie die
Flüssigkeiten im menschlichen Organismus und dadurch schnell aufgenommen werden. Kaffee,
Schwarztee, Bier und Wein sind keine gesunden Durstlöscher - nicht (nur) wegen des Gehalts
an Koffein, Tein oder Alkohol, sondern weil sie harntreibend wirken. Genießt man diese Getränke,
sollte man dazu immer die gleiche Menge Wasser trinken.
Im Alter schwindet der Durst, und auch Menschen mit Essstörungen spüren oft keinen Durst mehr.
Hier ist es wichtig, bewusst auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, die - auch je nach
Ernährungsvorlieben - schwanken kann. Lebensmittel enthalten oft überraschend viel Wasser. Bei Obst
und Gemüse sind es 90 Prozent und mehr, bei Joghurt, Quark und Kartoffeln etwa 80 Prozent, bei
Wurst 50 Prozent und sogar bei Brot und Käse noch 30 Prozent und mehr.
Last not least wäre es falsch zu glauben, dass viel (Trinken) immer viel hilft. Menschen mit Herzschwäche,
eingeschränkter Nierenfunktion, Leberzirrhose oder der Neigung zu Ödemen sollten mit ihrem Arzt darüber
sprechen, wie viel Flüssigkeit für sie gesund ist - die Menge kann deutlich unter Norm liegen. Und der
Weisheit letzter Schluss ist es sicherlich auch nicht, seinen Durst »figurbewusst« mit
süßstoffgesüßten Limonaden zu stillen. Dann nämlich erwartet der Körper Zucker, schüttet Insulin aus, und
produziert Heißhunger auf Süßes. Und so kann nicht nur Bier, in Mengen konsumiert, dick machen. Landwirte
stimulieren bei Ferkeln, die zu wenig fressen, den Appetit mit Süßstoffen.
Ein Flüssigkeitsverlust von nur zwei Prozent des Körpergewichts - etwa ein bis zwei Liter - macht schon müde
und mindert die körperliche Leistungsfähigkeit um ein Fünftel. Liegt der Wasserverlust bei zehn Prozent,
treten durch die Entwässerung (Dehydrierung) Stoffwechselstörungen auf; 20 Prozent Wasserverlust, etwa bei
der Cholera, sind tödlich.
Der Wasseranteil im Körper schwankt von Mensch zu Mensch. Dünne haben einen höheren Wassergehalt als Dicke
mit einer viel höheren Anzahl mit Fettzellen. Während sich nämlich eine typische Säugetierzelle zu 70 Prozent
aus Wasser zusammen setzt, hat eine Fettzelle nur einen Wassergehalt von 30 Prozent. Im menschlichen Körper
fungiert Wasser als Baustoff, Lösungs- und Transportmittel, und es ist der Hauptbestandteil von Blut, Harn
und Schweiß.
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